Marktentwicklung EUA
Der Preis für CO2-Zertifikate im europäischen Emissionshandel eilt seit März 2020, wo er coronabedingt noch bei 15 €/t lag, von Rekord zu Rekord. Ein Zertifikat berechtigt u.a. Kraftwerksbetreiber sowie Teile der Industrie zum Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid in der EU. Erworben werden kann es durch kostenfreie Zuteilung (begrenztes Kontingent), bei Auktionen oder im freien Handel an Energiebörsen, wie z.B. bei der Leipziger EEX. Die gehandelte Zertifikatemenge wird von der EU in den nächsten Jahren allerdings sukzessive reduziert (künstliche Verknappung), mit dem politischen Ziel, die Investitionsbereitschaft innerhalb der EU in Bezug auf klimafreundliche Technologien zu stimulieren.
Leider führt das derzeitige „billige Geld“ vermehrt dazu, dass die EUA Zertifikate mittlerweile auch ein beliebtes Spekulationsobjekt geworden sind und über diesen Effekt zusätzlich den EUA Preis nach oben getrieben haben. Aus Sicht vieler Marktteilnehmer erklärt die Spekulation den jüngsten Preisanstieg aber nur bedingt. „Aus unserer Sicht scheint die aktuelle Krise von vielen Marktteilnehmern bereits gedanklich abgehakt zu sein. Entscheidend ist aktuell die angekündigte und beschlossene Knappheit in der Zukunft (EU-Klimaziel für 2030) und weniger die aktuelle coronabedingte Schwäche der EU-Wirtschaft“, sagt André Hlava (Faktor 3E). „Somit ist langfristig eine erhebliche Preissteigerung systembedingt gewollt. Marktbedingte, kurzfristige Schwächephasen an der Börse sollten deshalb von den Unternehmen genutzt werden, um sich günstigere Preisniveaus abzusichern. Unabdingbar ist für deutsche Industrieunternehmen, zukünftig eine langfristige CO2 Unternehmensstrategie zu entwickeln, welche ungewohnter Weise, einen Betrachtungshorizont von 10 Jahren beinhalten sollte.“
Zusätzlich zu den EUA Kosten könnte der deutschen Wirtschaft die erheblich gestiegenen Strompreise sauer aufstoßen. Diese konnten seit Anfang November 2020 um satte + 25 % an der Energiebörse zulegen. Der Hauptfaktor für die Preissteigerung ist diesmal die gestiegenen EUA Preise sowie die reduzierte Erzeugerkapazität in Deutschland auf Grund des beschlossenen und in der Umsetzung befindlichen Kohleausstiegs. Deshalb sind Preise jenseits der 50,00 €/MWh beim Produkt Base leider schon seit Januar 2021 tägliche Realität an den Energiebörsen und geben einen Vorgeschmack darauf, wo die Reise noch hingehen kann. Da ist ein zukünftiger erheblicher Strommehrbedarf auf Grund des Strukturwandels durch E-Mobilität, Digitalisierung und Automatisierung preislich noch nicht adäquat berücksichtigt. Zukünftig wird es für Großabnehmer überlebenswichtig sein, eine Energieeinkaufsstrategie zu entwickeln, welche mit ins Unternehmensrisikomanagement integriert wird.